top of page

Skalieren oder: Wenn eine kleine Zahl mehr sagt als 1000 Worte

  • Nicole Fischer
  • 5. Mai
  • 4 Min. Lesezeit

Mein Social Media-Profilbild
Mein Social Media-Profilbild

Als ich vor ein paar Tagen mein Profilbild für Social Media änderte, bekam ich eine lustige Nachricht:



Diese Nachricht bekam ich zugeschickt, nachdem ich mein Profilbild geändert hatte.
Diese Nachricht bekam ich zugeschickt, nachdem ich mein Profilbild geändert hatte.

Nein, ein Riesenlineal ist das nicht, was ich auf dem Bild in der Hand halte. Auch wenn man damit durchaus etwas messen kann. Zum Beispiel Dinge wie Fortschritt, Motivation, Freude, Zuversicht, Stress, Gelassenheit, Verständnis, Klarheit, Belastung, Vertrauen, Zufriedenheit, Selbstwirksamkeit, Bereitschaft, Sicherheit und vieles mehr. 


Das Ding in meiner Hand ist eine Skala. Und wofür brauche ich die? Zum Skalieren (jo, ich weiß, hättest du dir denken können). Aber wie benutze ich sie genau?


Skalieren bedeutet, dass jemand einen Zustand, ein Gefühl oder eine Fähigkeit auf einer Skala bewertet – meistens von 1 bis 10. Dabei steht die 1 für „ganz schlecht“ oder „ganz wenig“ und die 10 für „sehr gut“ oder „sehr stark“. Es gibt viele Varianten: Manche nutzen Smileys, Thermometer, Farbbalken oder auch Skalen von 0-10 oder von -10 bis +10.

Im Lerncoaching nutze ich am liebsten die klassische Skala von 1 bis 10, weil sie leicht verständlich ist und sich vielseitig einsetzen lässt. Mit ihr können Kinder und Jugendliche schnell ausdrücken, wie es ihnen geht, auch dann, wenn Worte manchmal schwerfallen.


Warum ist Skalieren im Lerncoaching so hilfreich?

Die Skalierung ist weit mehr als „nur eine Zahl“: Sie ist ein kraftvolles Werkzeug, das auf mehreren Ebenen wirkt. Hier ein paar Gründe, warum ich sie so oft einsetze:


  1. Subjektive Wahrnehmung wird sichtbar

    Viele Kinder und Jugendliche (und auch Erwachsene) finden es schwer, Gefühle oder innere Zustände in Worte zu fassen. Die Skala hilft, diese subjektive Wahrnehmung zu konkretisieren. Statt „Ich hab ziemlich Angst“ heißt es dann vielleicht: „Meine Angst ist gerade bei einer 7.“ Das schafft Klarheit für das Kind und für mich als Coach.


  2. Veränderung wird messbar

    Die Skala macht Fortschritte sichtbar. Wenn ein Kind zu Beginn des Lerncoachings beispielsweise seine Konzentrationsfähigkeit mit einer 3 skaliert hat und am Ende bei einer 6 ist, dann ist das ein Erfolg, der sich konkret an einer Zahl ablesen lässt und nicht nur "so ein Gefühl"

    .

  3. Schrittweise Entwicklung wird gefördert

    Skalieren ermöglicht kleine, machbare Schritte. Anstatt pauschal zu sagen: „Ich will mich besser konzentrieren können“, überlegen wir z.B.: „Was wäre nötig, damit du auf der Skala von einer 4 auf eine 5 kommst?“ Das große diffuse Ziel wird in konkrete Schritte aufgeteilt, was schnell zu Erfolgserlebnissen und einer positiveren Einstellung führt.


  4. Ressourcenorientierung statt Defizitfokus

    Die Skala lenkt den Blick auf das, was schon da ist, nicht nur auf das, was fehlt. Neulich sagte eine Schülerin: „In Mathe allgemein bin ich auf der Skala so bei 5. Aber bei der Achterreihe bin ich schon bei 9!" Der differenzierte Blick hilft dem Coachee dabei, seine Fähigkeiten wahrzunehmen, auch wenn noch nicht alles perfekt ist, was wiederum das Selbstvertrauen stärkt.


  5. Kommunikation auf Augenhöhe

    Die Skala ist ein partizipatives Werkzeug. Das Kind bestimmt selbst die Zahl – ich als Coach bewerte oder korrigiere sie nicht. Das gibt dem Kind Eigenverantwortung und zeigt: Deine Wahrnehmung zählt.



Eine meiner Skalen - heißgeliebt und immer in Gebrauch
Eine meiner Skalen - heißgeliebt und immer in Gebrauch

Kann die Skala auch im Alltag helfen?

Ich erinnere mich noch gut an die Zeit, als mein Sohn aus der Schule kam und ich ihn fragte: „Wie war’s in der Schule?“ Es standen genau zwei Antworten zur Verfügung: Entweder „gut“ oder „wie immer“. Viel mehr bekam ich nicht zu hören.

Als ich die Skala kennenlernte, stellte ich die Frage anders: „Auf einer Skala von 1 bis 10 – wie war dein Schultag heute?“ Und plötzlich begann er nachzudenken. „Hm… vielleicht eine 6“, sagte er. „Wieso war es eine 6? Was hat gefehlt für eine 7?“ So kamen wir ins Gespräch – viel tiefer und offener als vorher.


Eine Kollegin von mir nutzt die Skala übrigens jeden Sonntag beim Abendessen: Dann „skaliert“ jeder aus der Familie die vergangene Woche – und erzählt ein bisschen dazu. Ein wunderbarer, einfacher Weg, um miteinander ins Gespräch zu kommen.


Mein Tipp: Setze die Skala sparsam und bewusst ein. Sonst tritt schnell ein Gewöhnungseffekt ein, und die besondere Wirkung geht verloren.


Was mich neulich sehr berührte

Ich habe seit ein paar Wochen einen siebenjährigen Jungen bei mir in der Lerntherapie (auch in der Lerntherapie nutze ich die Skala regelmäßig). Neulich klingelte der Junge, und als ich die Tür öffnete, marschierte er ohne ein Wort zu sagen an mir vorbei, setzte sich an den Tisch, nahm sich die Skala und zeigte auf die 1. Ich wusste sofort: Heute war kein guter Tag. Er musste nichts erklären, keine Worte suchen – die Skala sprach für ihn.

Wir schauten gemeinsam, was er brauchte, damit er auf eine 2 kam. Dann auf eine 3. Kurz bevor er ging, nahm er die Skala noch einmal und zeigte auf die 7. So ein großer Erfolg und das fast ohne Worte!


Möchtest du selbst lernen, wie du die Skala und viele andere effektive Werkzeuge einsetzen kannst, um Kinder und Jugendliche gezielt und nachhaltig beim Lernen zu unterstützen? Dann komm in meine Lerncoach-Ausbildung! Hier erfährst du mehr: LERNCOACH-AUSBILDUNG

 
 
 

Comments


Lernovia - Neues Lernen, Integrative Lerntherapie, Lerncoaching und Familiencoaching, Arnimstr. 24 a, 23566 Lübeck, 

Tel.: 0451/61164925, info@lernovia.deImpressum

bottom of page